Thursday, February 02, 2006

Blogs vs. Journalismus

sollte eigentlich nur ein kommentar zu scrooligans kommentar werden, wurde aber etwas länger und damit zu einem post.

@ statistik: verstehe ich nicht.

@ existenz: ich war auch überrascht und deswegen habe ich das gebloggt. weil ich durch das medium ein format zur hand habe, in dem ich meine überraschung kundtun und mit anderen menschen teilen kann, die bestimmt mehr über das thema wissen als ich.

@ grenzen: wer definiert denn die grenzen, um sie danach wieder einzureißen? wer hat denn die frage aufgeworfen, ob blogs journalisten sind oder nicht. waren es nicht die journalisten, um sich von der bewegung abzugrenzen und um sich ein schärferes profil geben zu können? und sind sie es nicht auch jetzt, die blogs lesen und sich von dort ihre anregungen holen um dann artikel zu schreiben, die teilweise so falsch sind, daß sie wiederrum von den blogs zerrissen werden, nicht, weil es blogger sind, sondern weil es menschen mit meinungen sind, die sich in dem spezifischen thema besser auskennen, als ein journalist, der sich mal kurz in etwas reingelesen hat? wieso die kollektive intelligenz der interessierten menschen von vorneherein ignorieren, anstatt sie als wissenspool zu verwenden?

@ überschrift: ich glaube zunächst niemandem. journalisten und zeitungen bekommen von mir kein gesondertes grundvertrauen, zu oft habe ich mich über ihre berichterstattung und ihre ignoranz gegenüber wichtigen themen aufgeregt. ich fange an menschen zu vertrauen, wenn ich über einen längeren zeitraum ihre meinungen und ansichten vernommen habe. wieso verdient ein blogger, der jeden tag ein paar posts unter seinem namen veröffentlicht, sich dadurch der blogöffentlichkeit aussetzt und ihr gegenüber bestehen muß, denn wenn er fehler macht, ist er den rest der woche damit beschäftigt, sich zu erklären (man denke nur an scoble) denn kein vertrauen? und wieso ist diese arbeitsweise nicht verlässlich? anstatt sich nur der redaktion und dem chefredakteur zu verantworten, steht er einem ganzen heer von kritikern gegenüber, die sicherlich mehr über das thema wissen als er selbst. er versteckt sich nicht hinter dem namen einer zeitung und vertraut darauf, daß die leute ihm schon glauben werden, denn immerhin hat er es in eine verantwortliche position bei einer zeitung/ zeitschrift gebracht. und wie werden eigentlich fehler in zeitungen korrigiert? wer bekommt diese richtigstellungen denn zu gesicht? wenn du was falsches bloggst, wimmelt das netz mit verweisen auf deine seite... die nachrichtenseiten dagegen verschwinden hinter firewalls in undurchsuchbaren archiven. wer verdient hier mehr vertrauen?

@ nsa. die information stammte aus einem posting der ip-mailingliste und nicht aus einem blog. dem ging eine kleine diskussion vorran, die schwer wiederzugeben ist, weil sie eben nicht auf einem blog zu finden ist, den prägnantesten beitrag habe ich zitiert. hast du von james bamford "body of secrets" gelesen? dem ultimativen buch zur nsa? da steht das auch drin. aber wie schwer war es denn die wikipedia zu durchsuchen, ein posting zu schreiben und die diskussion zu beginnen?

@ kritiklosigkeit: damit unterstellst du mir ja zunächst unfähigkeit eine meinung zu bilden, und gute und schlechte informationen nicht voneinander abwägen zu können. ich lese viel. mittlerweile sogar hauptsächlich blogs, eben weil sie mir die vielfältigkeit der meinungen präsentieren. postings die ich interessant finde, teile ich mit anderen. blogs die ich nicht mag, oder mit denen ich nicht einer meinung bin, lese ich entweder nicht, oder kommentiere deren aussagen, um eine diskussion zu beginnen. versuch mal mit spon oder zeit, oder heise, eine diskussion zu beginnen, das ist ziemlich unmöglich, weil es in ihrer struktur gar nicht vorgesehen ist. wer entzieht sich dadurch der kritik?

1 comment:

scrooligan said...

@ kritiklosigkeit: Nö, ich unterstelle Dir nichs. Hier noch mal, was ich geschrieben habe:

"Ich verstehe diese Kritiklosigkeit nicht. Neulich habe ich nach Infos zu dem NSA-Skandal gefragt, und Du klatschst mir die Aussage 'Nö, ist böse' dahin. Glaubst Du dem Menschen ungefragt, weil er ein bestimmtes Medium benutzt? Zählen Argumentationen nichts mehr, weil jemand zu 'den Guten' gehört? Ich verstehe es wirklich nicht."

Das ist eine Frage und ein Ausdruck von Nicht-verstehen. Da stand eine Aussage ohne Begründung. Sowas hatte ich schon gelesen. Das Gegenteil auch. So what?
Nachdem ich mich über den Inhalt und Ablauf des Impeachment-Verfahrens schlau gemacht hatte (wozu es auch diverse Meinungen gab), war mir klar, dass dieses Verfahren gar nicht auf Gesetze abstellt, sondern ein politisches Instrument ist, womit es bei den derzeitigen Mehrheiten kaum zum Einsatz kommen wird. Zudem schien mir die einhellige Meinung der Rechtswissenschaftler zu sein, dass diese Interpretation (Beurteilung nach Moral) keine gute Idee ist.
Darum kam bei mir die Frage auf, ob denn ein Rechtsbruch überhaupt vorliegt und wenn, ob er denn gerechtfertigt sein könnte (so wie bei Notwehr, wo man ja auch erst mal eine Körperverletzung begeht, das aber darf). Nun hatten meine kurzen Recherchen aber nur ergeben, dass es da verschiedene Meinungen von Nichtjuristen zu gibt. Also dachte ich mir, hier würde jemand eine fundierte juristische Meinung dazu gelesen haben. Jede andere Meinung spielt nämlich bei der Beurteilung von Recht nicht die geringste Rolle.
Und mir dann eine Privatmeinung ohne Argumente hinzuknallen, finde ich schon ziemlich seltsam.

@ statistik: Deine Aussage war
"obwohl '99 Prozent der Blogs einfach nur Müll oder zumindest journalistisch einfach nicht relevant sind.' [...] übersetzt spon einen beitrag [...]"

Logik. 'Obwohl' soll einen Widerspruch beschreiben. Das ist nicht haltbar, denn ein Beitrag, selbst ein Blog, entsprechen nicht dem einen Prozent, die nach von Dir zitierter Aussage kein Müll oder journalistisch relevant sind.
Du magst so ein 'obwohl' für flappsig halten, ich halte es für populistisch und vor allem für logisch falsch.

@ grenzen: Mir ist es völlig egal, wer jetzt angefangen hat. Ist das hier ein Kindergeburtstag, oder was? Jeder führt die Debatten, die ihm am Herzen liegen.
Journalistische Arbeitsweise (mithin die Grenzen) entstehen ähnlich wie die Arbeitsweise der Wissenschaft. Es sind von einigen vorgedachte und von anderen anerkannte und inzwischen traditionell etablierte Standards. Wissenschaftler und Journalisten sollten sie in ihrer Ausbildung gelernt haben. Niemand ist gezwungen sie zu verwenden, dann ist er aber in der entsprechenden Gruppe nicht sehr angesehen.

Du begehst in Deinen weiteren Ausführungen, denke ich, zwei Denkfehler:

1. Man kann nicht ein Idealbild einer Sache mit dem Realbild einer anderen vergleichen. Das bringt nichts.
Wenn wir den real existierenden Journalismus in seiner Gesamtheit mit den Blogs in ihrer Gesamtheit vergleichen, wird schon die unterschiedliche Zielrichtung klar. Es macht IMHO auch die 99%-Aussage klarer. Wenn ich Informationen brauche, und eine zufällige Zeitung oder ein zufälliges Blog nehmen muss, dann ist die Chance, Informationen (im Sinne von Nachrichten) zu finden, in der Zeitung höher, da Blogs sich vielfach mit anderen Dingen und mit anderen Zielrichtungen beschäftigen. Gehen wir soweit konform?

Wenn wir dagegen eine ideale Zeitung mit einem idealen Blog (definiert als ein Medium zur Informationskontrolle) vergleichen, wäre das Blog überflüssig, da die Zeitung sauber arbeitet.

Ist das ideale Blog ein Informationsgenerierer, dann gibt es keinen Unterschied zwischen ihm und einer Zeitung, denn beide stellen möglichst objektiv einen Sachverhalt dar.
Sind wir hier noch konform?

Zweiter Denkfehler: Hättest Du unendlich viel Zeit und wärest in Deiner Auffassungsgabe unbeschränkt, könntest Du Dich in alles einarbeiten, Dir zu allem selbst eine fundierte Meinung bilden.
Nun sind Menschen für gewöhnlich weder das eine, noch das andere. Sie sind in ihrer Informationsbeschaffung also darauf angewiesen, zu selektieren. Zum einen kann man uninteresantes ausblenden, was leider nicht immer geht, wenn es einen direkt betrifft. Zum anderen kann man sich verlässliche Quellen besorgen. Auch das kostet Zeit und Wissen. Beides kann man reduzieren, wenn man bestimmte Kriterien für Verlässlichkeit anlegt. Damit wären wir wieder bei den von mir früher schon gebrachten 1. Reputation, 2. nachvollziehbare Arbeitsweise (der an die Wissenschaft angelehnte Prozess journalistischen Arbeitens), 3. mehrere Kontrollebenen.

All dies kann auch ein Blogger erlangen (wobei 3. dann durch direktes Feed-back erfolgt). In der Gesamtheit kann ich aber bei Zeitungen eher als bei Blogs von einer Erfüllung aller drei Kriterien ausgehen.