Thursday, November 10, 2005

Modell der Grundsicherung

Um zu zeigen, dass eine von indirekten Steuern finanzierte Grundsicherung funktioniert, habe ich mal eine kleine Rechnung angestellt.
Die Zahlen sind willkürlich bzw. grob vereinfacht, daher sind die Steuersätze es ebenso. Ich will nur zeigen, dass es geht.

Grundbedarf der Bevölkerung: 10 [W] Waren
Preis am Anfang: 10 [GE] Geldeinheiten pro Ware
Grundbedarf pro Kopf in GE = 10 W * 10 GE/W = 100 GE

Bevölkerung: 1000 Arbeiter + 1000 Bezieher von Sozialhilfe
Sozialhilfe: 100 GE (der Grundbedarf von oben)
Nettolohn der Arbeiter: 500 GE

Weitere Annahmen:
Geschlossene Volkswirtschaft
Kein Sparen, alles wird verkonsumiert
Keine Lohnanpassungen
Keine unterschiedlichen Steuersätze

So!
Die Arbeiter kaufen 500 GE / 10 [GE/W] = 50 Waren pro Kopf.
Gesamt: 50.000 W, also für 500.000 GE.
Die Sozialhilfebezieher kaufen 100 / 10 = 10 Waren.
Gesamt: 10.000 W, also für 100.000 GE
Der Gesamtumsatz beträgt 60.000 W bzw. 600.000 GE

Um die Sozialhilfe von 100.000 GE aufzubringen, müssen die Arbeiter mit einem Nettolohn von 500.000 GE 100.000 GE mehr verdienen, um die Sozialhilfe als Einkommensteuer bezahlen zu können, also Brutto 600.000 GE verdienen.

Der ESt-Satz beträgt also 100.000 GE / 600.000 GE = 17%.

Nun stellen wir das System radikal auf durch indirekte Steuern [USt] finanzierte Grundsicherung um.

Die Arbeiter bekommen nun auch 100 GE pro Kopf, ebenso wie die bisherigen Leistungsbezieher. Dazu bekommt er die 100 GE ESt, die ihm nun erlassen werden.

Ceteris paribus ergibt sich:

Der Umsatz der Arbeiter steigt von 500 GE auf 700 GE pro Kopf, also insgesamt 700.000 GE. Dazu kommen die 100.000 GE für die bisherigen Sozialhilfebezieher, macht 800.000 GE an Gesamtumsatz bei 200.000 GE Finanzbedarf für die Grundsicherung.

Die USt müsste also 200.000 GE / 800.000 GE = 25% betragen.

Nun steigen die Preise von 10 GE/W auf 12,5 GE/W.
Der Grundbedarf für die 10 W steigt also auf 125 GE, insgesamt für die 2000 Einwohner also 250.000 GE.
Der Umsatz klettert auf 600.000 GE + 250.000 GE = 850.000 GE etc. pp. Nach etwas Optimierung landen wir bei einem Gleichgewicht bei etwa 30% USt.

Schlussbemerkungen:
Es fällt auf, dass bei der Umstellung plötzlich 200.000 GE auftauchen. Einmal als abgeschaffte ESt, und einmal als Grundsicherung für die Arbeiter. Praktisch gibt es da eine Finanzierungslücke für eine Periode, die durch eine kurzfristig erhöhte ESt oder USt oder über Schulden finanziert werden muss. Ich habe das hier außen vor gelassen, da sich diese Summe nur kurzfristig ergibt und - z.B. als Anleihe - auf einen beliebig langen Zeitraum verteilt werden kann.

2 comments:

scrooligan said...

So, wie sehen denn jetzt die Zweit- und Drittrundeneffekte aus?

Zum einen wird der erhöhte Umsatz Arbeitskräfte benötigen, zum anderen wird es aber Lohneinbussen für die Neueinstellungen geben, da die Grundsicherung wie ein Kombilohnmodell funtkioniert.

Menschen mit hohen Löhnen werden von den Lohneinbußen kaum betroffen, da ihre Löhne sich nach der Knappheit ihrer Arbeitszeit bemessen.
Wenig qualifizierte Arbeiter aber sind nun billiger, was eune Aufwertung der Arbeit als Produktionsfaktor bedeutet. Diese leute haben nun eher eine Chance auf einen Arbeitsplatz.

Ok, dann rütteln wir mal an unseren Annahmen:
Heben wir die restriktion der geschlossenen Volkswirtschaft auf. Durch die Finanzierung per USt ist es egal, woher die Güter kommen. Da Ausländische Waren im gegensatz zur ESt-Finanzierung tendenziell teurer werden (ESt-Anteil an den Arbeitskosten fällt weg, USt trifft alle), wird der Anteil inländischer Güter leicht steigen.
Je nach Anteil der Importgüter variiert auch die Jobchance für Geringqualifizierte.

Darf gespart werden, wird ein guter teil der entfallenen ESt nicht in den Konsum fließen und damit nicht zur Finanzierung der Grundsicherung beitragen. Die Sparquote beträgt derzeit etwa 11%. Selbst wenn man an den Zahlen im Modell extrem dreht, ändert das den Steuersatz nicht sehr.

Kleine Lohnanpassungen spielen kaum eine Rolle, das ist Teil des jetzt auch ablaufenden Wettbewerbes.
Sollten extreme Lohnanpassungen nach unten auftreten, ohne das mehr Menschen Arbeit finden, gibt es natürlich ein Problem, da die Binnennachfrage zurückginge, der Umsatz nachließe, also Lohndruck entstände etc. Ach ja, die Probleme haben wir jetzt ja auch;-)

Insgesamt kann ich noch sagen, dass Menschen, die wenig Grundbedürfnisse haben stärker bevorzugt werden und sich mit diesem Geld anderes leisten oder es anlegen können.

Wenn jetzt noch jemand realistische Zahlen hat, könnte man mal richtig zu rechnen anfangen. Und dann mal die Verteilungswirkung ansehen, eine kleine Inzidenzanalyse über Branchen, Regionen und Einkommensschichten machen ...:-)

scrooligan said...

Noch eine kleine Anmerkung an den werten Bhaskar, der wissen wollte, wie man sowas rechnet.

Das obige Modell wird Dich bestimmt nicht befriedigt haben, da es nur dazu diente, zu zeigen, dass so eine Umstellung innerhalb bestimmter Grenzen möglich ist und wo Zahlungsströme entstehen.

Eine erste Erweiterung müsste nun sein, die ganzen Aggregate in den Formeln aufzulösen.

Also müsste man statt Grundbedarf den Warenkorb (der zur Inflationsberechnung verwendet wird) nehmen - besser noch verschiedene Warenkörbe für verschiedene Einkommensschichten.
Dann kann man schauen, inwieweit bei den darin enthaltenen Produkten Preisüberwälzungsspielräume bestehen (also ob und wieviel die Hersteller einzelner Produkte bzw. die Händler von der zusätzlichen Steuerlast auf die Endpreise umlegen können).
Da nach unserem Modell der Grundbedarf immer bezahlbar bleibt, ist die Frage, wie die anderen Einkommensschichten be- oder entlastet werden, ob sie eventuell ihren Konsum umstellen und wo die Unternehmen die zusätzlichen Belastungen einsparen.

Dazu kommt, dass es ja nicht nur drei USt-Sätze gibt (0, 7, 16%), sondern auch noch einen ziemlich komplizierten ESt-Tarif, den man durchschauen müsste, um die derzeitige Belastung durch Steuern in verschiedenen Schichten zu erkennen.

Zu Löhnen habe ich im Kommentar vorher ja schon was gesagt. Auch hier gilt aber, dass Löhne sich nach Schicht und Branche unerschiedlich verhalten werden, man also Gewichte finden müsste, um das abzubilden.

Da die Leute Güter nicht nur nach Preis kaufen, müsste man auch noch schätzen, wie hoch die Bindung an einzelne Marken ist (insbesondere um den Wechsel von Importgütern zu inländischen prognostizieren zu können).

Tja, und will man dann noch schauen, welche Regionen besonders betroffen sind, muss man die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Standorte von Firmen schätzen, was praktisch unmöglich ist.

Die meisten Zahlen liegen irgendwo vor. Allerdings sind das zum großen Teil Schätzungen, die eventuell auf schon nicht mehr vorliegenden Grundlagen basieren. So ein Excel-Sheet wird schnell etwas unübersichtlich. Aber wenn Du etwas Zeit hast, können wir uns da gerne mal dransetzen;-)