Tuesday, January 10, 2006

Blogs und Journalismus

In Bezug auf http://bart-ab.blogspot.com/2006/01/don-alphonso.html, wegen Themenwechsel aber unter neuer Überschrift.

Hm, ich habe mir das angehört, muss aber sagen, dass in dem Gespräch nicht sehr viel Informatives enthalten ist. Da findet eine Selbststilisierung von Bloggern zu Rettern des Journalismus statt, die in dieser Form unstatthaft ist.

Zum einen werden Blogs von don rein technisch definiert. Seine Ausführungen beziehen sich also auf jeden, der ein Blog betreibt.

Zum anderen behauptet don, ein wesentlicher Unterschied zwischen Blogs und traditionellen Medien sei die n:m-Kommunikation. Dabei stellt er die Gesamtheit der Blogger einer konkreten Zeitung gegenüber. Was ihm dabei entgeht, ist die Vielfältigkeit des Medienangebotes, die eins übersteigt. Zudem ist - wie bereits ausgeführt - die technische Dialogfunktion von Blogs recht beschränkt. Blogs bieten Kommentierungsfunktionen.

Ich will die Grenze zwischen Nachrichten bringenden Medien und ebensolchen Blogs anders ziehen: 1. Reputation, 2. nachvollziehbare Arbeitsweise (der an die Wissenschaft angelehnte Prozess journalistischen Arbeitens), 3. mehrere Kontrollebenen (da jeder Fehler machen kann, ist ein verantwortlicher Chefredakteur und oft zusätzlich der bekannte Name eines Mediums zusätzlicher Ansporn zu Qualität und Richtigstellung).

Ersteres lässt sich auch für Blogger erarbeiten, das zweite Kriterium nur durch ein Bekenntnis zum Journalismus erreichen. Wenn auch das dritte Kriterium erfüllt werden soll, ist eine Blog-Software vermutlich nicht mehr ausreichend. Im Nachrichtenbereich sind Blogger also Proto-Journalisten. In anderen Bereichen als Nachrichten konkurrieren sie nicht fachlich mit den traditionellen Medien. In diesem Bereich aber müssen Blogs für skeptisch denkende Menschen als per se unglaubwürdiger gelten, da sie die verschiedenen Stufen der Glaubwürdigkeitserhärtung nicht durchlaufen haben.

Blogs sind aufgrund ihrer Geschwindigkeit (dazu gehört auch das Fehlen des Vier-Augen-Prinzips) gut dafür geeignet, Informationen auszutauschen. Dies können - wie oben gezigt - keine Nachrichten sein. Entweder geht es also um die Verbreitung bereits als wahr erkannter Nachrichten (reine Weiterverbreitung) oder um Informationen, deren Wahrheitsgehalt nicht relevant ist (Tratsch, Witze, persönliche Schicksale und so weiter). Allerdings sorgt die Einfachheit der Blogerstellung für eine starke Fragmentierung der Angebote und damit (wenn auch nicht zwangsläufig) für eine große Redundanz der Inhalte.

Zieht man fachspezifische Inhalte heran, gilt das oben gesagte im Vergleich von Blogs von Fachleuten zu Fachpublikationen (Reputation und nachvollziehbare Arbeitsweise sind vorhanden, allerdings keine weiteren Kontrollinstanzen wie dem Prozess des peer review). Blogs von Fachleuten sind Artikeln zu einem Fachthema von Fachfremden in der Tat oft überlegen. Allerdings scheint mir der Vergleich irrelevant, da Blogs aufgrund ihres Hauptvorteils Schnelligkeit kaum das geeignete Instrument für wissenschaftliche Publikation sind. Ein Webeditor bietet da doch etwas mehr Komfort. Sieht man den Vorteil von Blogs in der Einfachheit zu formatieren und publizieren, verliert zumindest der Begriff der Blogosphäre vollständig seinen Sinn, denn eine Gemeinschaft, deren Gemeinsamkeit nur in der Wahl des Formatierungs- und Publikationsinstrumentes besteht, ist gar keine über eine reine Mengendefinition hinausgehende Gemeinschaft.

Sind Blogger denn besonders geeignete Korrektive für Journalisten? Sie sind schnell, oft findet sich ein entsprechend fachlich versierter Kommentator und die Menge der Blogger erlaubt eine gewisse Abdeckung des Mediengeschehens. Nun muss eine Korrektur aber den selben Kriterien genügen, die auch für die ursprüngliche Nachricht gegolten haben. Sonst bin ich als Leser nicht in der Lage den Wahrheitsgehalt von Original und Korrektur zu beurteilen. Von reinen Logikfehlern etc. abgesehen, brauche ich also einen weiteren Fachmann, um die Meinung des korrigierenden Fachmannes zu überprüfen, der Korrektur braucht fachliche und journalistische Reputation etc. pp. Sonst läuft die Rettung des Journalismus auf eine Abstimmung hinaus: Summe(i=1...n) (Journalist(i) * JReputation(i)) <> Summe(j=1...m) (Blogger(j) * BReputation (j). Wer mehr hat, gewinnt.

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